Tödliche Geisterfahrt eines Freigängers

Der Bund der Strafvollzugsbediensteten warnt vor weitreichenden Folgen durch die Verurteilung von zwei JVA-Beamten wegen der Taten eines Häftlings im offenen Vollzug. "Diese Verurteilung wird eine Zeitenwende im gesamten deutschen Justizvollzug auslösen", erklärten die Landesvorsitzenden der Gewerkschaft in Rheinland-Pfalz und Hessen, Winfried Conrad und Birgit Kannegießer.

Das Urteil könne nur dazu führen, dass mehr inhaftiert und Haft nicht mehr gelockert werde.

Zwei Justizvollzugsbeamte waren am Donnerstag wegen fahrlässiger Tötung zu jeweils neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Der Mann und die Frau seien am Unfalltod einer jungen Frau mitschuldig, befand das Landgericht Limburg.


"Das kann keiner garantieren"


Die Verurteilten hatten entschieden, einen Häftling in der rheinland-pfälzischen Justizvollzugsanstalt Diez in den offenen Vollzug zu verlegen. Der führerscheinlose Mann war später am Steuer eines Autos vor der Polizei geflohen. Auf der B49 bei Limburg fuhr er gegen den Wagen einer 21-Jährigen, die bei dem Unfall starb.

Es sei nicht nachvollziehbar, wie eine 14 Monate wirksame Haftlockerung plötzlich für mitursächlich erklärt werde könne, findet der Bund der Strafvollzugsbediensteten. "Man kann nicht garantieren, dass sich ein Mensch so verhält, wie vorhergesagt. Bei Gefangenen funktioniert das schon gar nicht", sagt die hessische Landesvorsitzende Kannegießer zu hessenschau.de.


Kaum noch Haftlockerungen?


Das Urteil, dessen Verkündung sie im Gerichtssaal verfolgte, habe bei ihr und ihren Kollegen Entsetzen und Empörung ausgelöst. Wenn es Rechtskraft erlangen sollte, werden sich Entscheidungsträger laut Kannegießer kaum für Haftlockerungen entscheiden.

"Dann wird sich jeder Kollege fragen: Kann ich das bei den drohenden Folgen mir persönlich und meiner Familie gegenüber verantworten", sagte Kannegießer. Das Gericht habe zudem ein Maß an Sorgfaltspflicht angemahnt, das mit der bestehenden Personaldecke überhaupt nicht zu erfüllen sei.